Mit diesem Beitrag informieren wir über die neueste Forschung zum Thema CBD gegen Corona. Dafür werten wir alle wissenschaftlichen Studien aus, die wir im November 2021 finden konnten.
Uns ist wichtig, dass wir die Forschung zum Thema CBD und Gesundheit neutral wiedergeben. Es gibt genug unbelegte Gesundheitsbehauptungen (Health Claims), die einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Wirkstoff Cannabidiol entgegenstehen.1 Naturgemäß ist dieses Forschungsfeld sehr jung und wir sind weit entfernt von Empfehlungen.
Es folgt eine Zusammenfassung der bisherigen Studienergebnisse.
Drei Wege bislang bekannt, wie CBD bei Covid-19 helfen könnte
Weg 1 – Hemmende Wirkung auf den Viruseintritt in die menschliche Wirtszelle
Weg 2 – Hemmende Wirkung auf die Vermehrung im menschlichen Körper
Weg 3 – Günstige Wirkung gegen Komplikationen
Weg 1 – Hemmende Wirkung auf den Viruseintritt in die menschliche Wirtszelle
CBD sorgt dafür, dass Zellen weniger des Rezeptors ausprägen, welchen das Virus zum Eintritt in die Wirtszelle braucht (ACE2). Ein Forscherteam konnte diesen Effekt an 3D-Modellen von menschlichen Mund-, Atemwegs- und Darmgeweben zeigen.2 Sie nutzten Extrakte von 800 Cannabis sativa Kultivaren. Dreizehn dieser Extrakte haben die Anzahl von ACE2 reduziert.
CBD bindet Schlüssel des Virus zur Wirtszelle
Ein koreanisches Forscherteam nutzte Computeranalysen und Laborversuche und konnte zeigen, dass zwei von 32 Cannabinoiden mögliche Wirkstoffe gegen Covid sind: THC und CBD. Die Forscher stellten fest, dass beide Cannabinoide den Teil des SARS-CoV-2 binden, den der Virus zum Befall von Wirtszellen braucht. Theoretisch verhindert CBD dadurch die Bindung des Virus und eine Infektion der Wirtszelle. Die koreanischen Forscher gehen davon aus, dass CBD und THC wirksamere, antivirale Wirkstoffe sind, als Lopinavir, Chloroquin und Remdesivir.3
CBD verhindert Infektion gesunder Zellen
Cannabidiol aus der Cannabispflanze hat das Potenzial, eine SARS-CoV-2-Infektion zu verhindern und zu hemmen. Das ist die Schlussfolgerung der Wissenschaftler von der Universität Chicago in einer im März 2021 veröffentlichten Studie.4 Die Ergebnisse aus dem Reagenzglas sind überzeugend. Dort konnte CBD die Infektion gesunder Zellen verhindern. Die Forscher testeten fünf weitere Cannabinoide wie CBG oder CBC, keines dieser Wirkstoffe erzielte einen Effekt wie CBD.
Neben Labordaten präsentieren die Forscher eine Erhebung von Covid-19-Tests, die an der Medizinischen Universität von Chicago durchgeführt wurden. Aus einem Sample von knapp 94.000 getesteten Personen verglichen Sie das Ergebnis von Cannabinoid-Nutzern mit allen anderen. Laut den Daten haben Menschen, die zuvor das CBD-Medikament Epidiolex eingenommen hatten, ein um über 1000 % geringeres Risiko für einen positiven Test. Da jedoch nur 85 von 94.000 Personen Epidiolex einnahmen, muss dieses Ergebnis durch weitere Studien verifiziert werden.
Weg 2 – Hemmende Wirkung auf die Vermehrung im menschlichen Körper
In der oben erwähnten Studie der Universität Chicago testeten die Forscher zudem, ob CBD die Vermehrung des Virus in der Zelle bekämpft. Ihr Ergebnis: Nachdem SARS-CoV-2 in die Testzellen eingedrungen war, konnte CBD die Vermehrung des Virus in der Zelle stoppen. Dabei war es egal, ob Forscher das CBD vor oder nach der Infektion mit dem Virus verabreichten. In beiden Fällen konnte es die Vermehrung verhindern.7
CBD schützt Innenauskleidung des Darms
Die für SARS-CoV-2 wichtigen Rezeptoren kommen nicht nur vermehrt in Lungenzellen, sondern auch in Darmzellen vor. Daher beschäftigte sich eine Forschergruppe mit der Wirkung von CBD auf infizierte Darmzellen.5 Mit dieser Studie wollten die Forscher die Wirkung von CBD auf einen anderen Infektions-Hotspot, außer Lungenzellen, bestätigen.
Um das zu testen, nutzten die Forscher sogenannte Caco-2 Zellen, die in Laborkultur Darmepithelzellen simulieren. Sie teilten die Zellen in verschiedene Behandlungen ein. Einige kamen in eine Lösung mit dem SARS-CoV-2 Spike Protein, andere in eine, der die Forscher zusätzlich reines CBD zufügten.
Zum Ergebnis gehört, dass CBD die Überlebensrate der Zellen nach 24 h mit dem Virus-Protein drastisch erhöhte. Dabei war CBD ein starker Inhibitor für die Effekte des Spike Proteins. Dieses erhöht ansonsten die Anzahl der für das Virus wichtigen ACE2 Rezeptoren.
Gesundes Lungengewebe bildet ACE2 nicht stark aus. Bei schwer erkrankten Covid-Patienten war die Anzahl der ACE2-Rezeptoren um das 200-fache erhöht.6 Auf diese Weise baut sich das Virus selbst Eingangstüren in die Wirtszellen. CBD konnte diesen ACE2-Anstieg verhindern.
Weg 3 – Günstige Wirkung gegen Komplikationen
Eine Ursache für Komplikationen und höhere Sterblichkeit bei schweren Verläufen ist das akute Atemnotsyndrom. Damit einher geht eine Überreaktion des Immunsystems, der sogenannte „Zytokinsturm“.
In einem weiteren Versuch mit Zellen untersuchten die Forscher aus Chicago die Wirkung von SARS-CoV-2 und CBD auf die Nutzung der Gene. Sie fanden heraus, dass CBD die Genexpression von Virus und Wirtszelle verändert. Auf diese Weise, so vermuten die Autoren der Studie, aktiviert CBD nützliche Immunsystemreaktionen. Zudem blockierte CBD die übermäßige, durch den Virus ausgelöste, Ausschüttung von Zytokinen durch die Wirtszelle.8
CBD schützt Lunge und Darm vor Entzündungen
Weil CBD für seine entzündungshemmende Wirkung bekannt ist, war es für Forscher der Augusta Universität in Georgia, USA, naheliegend, es für den Einsatz gegen Covid zu testen. Sie wollten sehen, ob CBD die übertriebene Reaktion des Immunsystems, den Zytokinsturm und das Atemnotsyndrom, lindern kann.
Dazu verabreichten Sie Mäusen eine virale RNA synthetischer Natur. Diese war imstande, Symptome von Virusinfektionen, wie den Zytokinsturm, zu simulieren. Anschließend bekamen die Mäuse CBD verabreicht. Die Forscher beobachteten, dass CBD den Spiegel von entzündlichen Zytokinen senkte und die Symptome des Atemnotsyndroms verbesserte. Für die Forscher könnte CBD die Behandlung von Covid-19 erweitern: Es schützt das Lungengewebe und stellt das Gleichgewicht beim Entzündungsgeschehen wieder her.9
Auch in der Untersuchung mit Darm-Epithelzellen konnte CBD die vom Virus-Protein ausgelösten, entzündlichen Prozesse eindämmen. Letztlich zeigten die Forscher mit ihrer Arbeit, dass CBD Epithelschäden und Entzündungen durch das Virus im Darm verhindert. Bevor dies Relevanz für uns Menschen hat, müssen gut geplante, klinische Studien mit Menschen diese Ergebnisse replizieren.10
CBD gegen den Zytokinsturm
Israelische Forscher untersuchten den Effekt von CBD-Extrakt auf eine Zelllinie, die das Epithel der Lungenbläschen simulieren soll. Das genutzte CBD-Extrakt enthielt neben Cannabidiol auch Cannabigerol (CBG), Tetrahydrocannabivarin (THCV) und einige Terpene. Das Extrakt reduzierte die Ausschüttung von zwei Entzündungsbotenstoffen (IL-6, IL-8). Beide Interleukine haben Anteil an der Hyperentzündung, dem Zytokinsturm, der bei Covid-19-Erkrankten für schwere Symptome und Komplikationen sorgt. 11
CBD für mentale Probleme nach Erkrankung?
Nicht nur körperliche, sondern auch psychische Leiden schränken die Lebensqualität nach einer schweren Covid-19-Erkrankung massiv ein.
Cannabisprodukte wie Cannabidiol (CBD) werden für die Behandlung von COVID-19-bedingten psychischen Problemen beworben, wie Angststörungen oder Depressionen. Im September 2021 erschien im „Journal of Addiction Medicine“ eine Zusammenfassung zu dem Thema. Die Autoren erklären, dass es zu wenige Daten gibt, um CBD gegen psychische Probleme zu empfehlen. 12 CBD sei zwar ein vielversprechender Wirkstoff zur Behandlung von Panik, Angst und Depression. Es gebe aber zu wenige Belege aus kontrollierten, klinischen Versuchen mit Menschen.
CBD ist gut verträglich, aber..
CBD ist gut verträglich und hat ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis. 13,14,15
Nebenwirkungen von CBD sind meist mild. Schwere Nebenwirkungen treten nur selten auf. Zwei Probleme für die Verträglichkeit sind Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und Verunreinigungen in ungenügend kontrollierten CBD-Produkten.
Wechselwirkungen
Forschung über Wechselwirkungen von CBD mit Medikamenten ist essenziell, um CBD sicherer zu machen. Die Leber wandelt einige Wirkstoffe ähnlich um, wie CBD, über Cytochrom-P450-Enzyme. Daher reduziert oder verstärkt CBD die Wirkung dieser Medikamente.16
CBD erhöhte etwa die Konzentration des Epilepsie-Medikaments Clobazam im Körper um das bis zu 5-fache. Auch die Konzentration von CBD erhöhte sich um 50 % bei kombinierter Einnahme.17
Auch in Bezug auf antivirale Medikamente, die Ärzte bei Covid-19 einsetzen, ist Vorsicht geboten. CBD kann höhere Konzentrationen von Lopinavir, Darunavir oder Hydroxychloroquin verursachen.18
Verunreinigungen und Schadstoffe
Eine weitere Ursache für Nebenwirkungen sind Verunreinigungen mit THC und Schadstoffen. Eine Forschergruppe des chemischen Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) in Karlsruhe untersuchte 181 CBD-Produkte, die in Deutschland erhältlich sind. Bei 12 % der Produkte fanden Sie THC-Gehalte, die oberhalb der kritischen Dosis für einen Effekt lagen (2,5 mg / Tag).
Weil der gemessene CBD-Gehalt im Rahmen war, gehen die Forscher davon aus, dass „unerwünschte Wirkungen einiger kommerzieller CBD-Produkte auf die Wirkung von niedrig dosiertem Δ9-THC“ zurückgeht.19 Um frei erhältliche CBD-Produkte sicherzumachen, fordern sie einen angemessenen, rechtlichen Rahmen.
Chancen und Risiken von CBD gegen Corona
Alle Studien sind aufsehenerregend und vielversprechend, mehr nicht. Die Autoren der Studien sind sich einig, dass unabhängige Forschergruppen diese Ergebnisse zuerst bestätigen müssen. Denn die meisten Erkenntnisse kommen aus Versuchen mit Zelllinien im Reagenzglas. Im besten Fall weisen sie die bislang beobachteten Effekte "in vivo" nach - also direkt am und im lebenden, menschlichen Körper.
Die erforderliche Konzentration für Menschen, der optimale Verabreichungsweg und die optimale Formulierung des CBD-Präparats müssen Experten noch festlegen.20 Denn interessanterweise fanden Studien, die verschiedene CBD-Präparate testeten, einen Unterschied bei der Wirkung.
Vorsicht mit Cannabis
Noch sollte man vorsichtig sein. Trotz vielversprechender Ergebnisse ist Cannabis oder CBD bei Covid-19 nicht sicher. Wir wissen nicht, ob CBD vor Covid schützt. Theoretisch könnte es auch in die andere Richtung gehen. Forscher einer in "Nature Scientific Reports" veröffentlichten Studie fanden einen ungünstigen Effekt.
Sie testeten, ob CBD Corona aufhalten kann. Dabei beobachteten sie einen Anstieg der Interleukine, die von Zellen des Immunsystems ausgeschieden werden (Makrophagen). Sie warnen daher eindrücklich davor, CBD oder Cannabis gegen Covid-19 zu empfehlen oder einzusetzen. 21 Denn diese Entzündungsbotenstoffe könnten wiederum zu einer Verschlimmerung des "Zytokinsturms“ führen.
4, 7, 8, 20 - Cannabidiol Inhibits SARS-CoV-2 Replication and Promotes the Host Innate Immune Response
11 - COVID-19 and Cannabidiol (CBD)
12 - Cannabis compounds exhibit anti-inflammatory activity in vitro in COVID-19-related inflammation in lung epithelial cells and pro-inflammatory activity in macrophages
13 - Serious adverse effects of cannabidiol (CBD): a review of randomized controlled trials
15 – World Health Organisation – Cannabidiol Critical Review.pdf
18 - Management of COVID-19 in people with epilepsy: drug considerations
21 - Therapeutic Cannabis and COVID-19: between opportunism and infoxication